besonderen Tücken. Mit ihrem schweren Gang, ihrem oft bis hin zum Stillstand ...

Balkentext* 2013/2014

«Mehrmals in der Woche nach dem Abendessen will der Vater seine Musik mit mir abhören, seine Einladung hat etwas Intimes und Verschwörerisches an sich. Die Musik, die er mitgebracht hat, ist nur für ihn und mich bestimmt, es ist unsere Musik: ich bin zu einer Eingeweihten ernannt worden. Dafür wird von mir erwartet, dass ich es, ohne mit der Wimper zu zucken, mit der Welt der Töne aufnehmen kann. Ernste Musik hat ihre besonderen Tücken. Mit ihrem schweren Gang, ihrem oft bis hin zum Stillstand verlangsamten, dabei fast unhörbar werdenden Klang, der sich nur tropfenweise, als könne er sein eigenes Gewicht nicht tragen, dazu entschließt, endlich von sich hören zu lassen, erfüllt sie das Zimmer mit Höhlungen und Löchern, mit Mulden und Vertiefungen, es wird grösser und grösser, es weitet sich mit jedem Ton und steigert damit das Ausmaß der Ferne, in die ich mit dem Vater vorgestoßen bin, ins unerträgliche. Deshalb hängt ein gelungener Abend vor allem davon ab, dass die Musik, die wir miteinander hören, leicht und vergnüglich ist.»


Gisela von Wysocki: «Wir machen Musik»; Berlin 2010, S. 21/22.


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